Über das Leben

12.04.2022

Als Genesungsbegleiter bzw. "Peers Ex-In (Experienced Involvemend)" werden Fachpersonen bezeichnet, die sich durch eigene psychiatrische Erfahrung auszeichnen. Diesen Beruf gibt es erst seit ca. 10 Jahren in der Schweiz. Die Idee ist aber schon älter und kommt aus dem angelsächsischen Sprachraum, aus der "psychiatric survivors"-Bewegung. Selber traue ich mich kaum, das auf deutsch zu übersetzen aber das hier ist ja das Internet, fragt Dr. Goggle oder einen Apotheker eures Vertrauens :) Spass beiseite...

Die traurige Wahrheit ist leider, dass Suizid die dritthäufigste Todesursache in der Schweiz ist. Nur redet "man" nicht darüber. Ich versuche jetzt gerade darüber zu schreiben... weil ich glaube, solche "Tabu-Themen" (wie Geld, Religion, Tod..) zu umgehen, uns Menschen mehr schaden als nützen.

Warum redet man z.B. nicht über den Lohn? Wer profitiert davon? Man selbst, weil man "vor Neid geschützt" wird? Bzw. davor geschützt wird, sich zu schämen? Ich glaube, es sind eher die Chefs und die Chefs von den Chefs, die das gut finden..

Und der Tod gehört nun mal zum Leben dazu. Selbst wenn ich dieses Thema verdrängen würde, werde ich irgendwann sterben. (Ich versuche Sozi-mässig "Ich-Botschaften" zu formulieren). Ich lebe sehr gerne und habe keinen Wunsch zu sterben. Aber ich kann Menschen auch verstehen, die in ihrem Leben in dieser Welt so viel Leid ertragen müssen, dass sie sich dazu entschliessen, dem ein Ende zu setzen. Ich wünschte mir nur, dass so ein Mensch gehört wird. Dass sie oder er Ernst genommen wird und auf seine bzw. ihre Wünsche eingegangen werden kann.

"Das ist halt eine Krankheit, die muss man zwangsbehandeln, wenn es jemand nicht versteht" ist aus meiner Sicht falsch. Zwang fand ich nie hilfreich. Hilfreich finde ich, wenn mit mir geredet wird. Dass ein echtes Gespräch stattfindet, wo es nicht um Positionen geht sondern um die dahinter liegenden Interessen.

Egal "auf welcher Seite" (Patient, Fachperson oder Angehörige) wir stehen, wir haben ein gemeinsames Interesse an Gesundheit. Uns verbindet so viel mehr, als uns trennt. Wenn wir nicht all das Schöne auf unserer Erde vergessen und einfach mal wieder "kindisch" sind, und auf "man darf nicht und man muss oder sollte" scheissen (Pardon), kann sich ein neuer Horizont aufmachen, der Hoffnung und Glaube an das Gute wieder erwecken kann.

"Oh as long as I know how to love, I know I will stay alive..." (Gloria Gaynor)