Mani, Mani, Mani

30.01.2025

These: Tabus brechen ist der Weg in die Freiheit.

Wen schützen Tabus? Warum spricht man nicht über Geld? Schützt es mich vor Neid, nicht mit Arbeitskolleg:innen über Lohn zu sprechen? Oder schützt es mich vor Scham weil ich weniger verdiene, meine Kollegen vor dem Fremdschämen? Werden die besserverdienenden geschützt, dass andere ihnen das Geld nicht wegnehmen wollen, dass sie teilen müssten?

Die Antwort ist viel einfacher als diese Fragen: Am meisten nützt es dem Chef, dass über Lohn nicht gesprochen wird.

Warum reden wir nicht über das Tabu Geld? Weil wir uns schämen (sollen). Scham ist ein anerzogenes Gefühl und so mächtig, weil wir fürchten, von unseren Mitmenschen abgewiesen zu werden. Allein ist der Mensch kaum überlebensfähig, wir brauchen Gesellschaft. Ausgestossene sind dem Tod geweiht. Da ist es doch das kleinere Übel, ein paar Kredite aufzunehmen, das muss ich ja nicht an die grosse Glocke hängen. Jedenfalls habe ich als Einzelne nicht die Pflicht, mir die Blösse zu geben. Sollen doch die Andern…

Spoiler: die Andern sind auch lieber zu*frieden*

Fazit: Dem Frieden zu Liebe lassen wir uns vom Chef ein bisschen abzocken, nicht so tragisch.

Anderes Tabu-Thema: Suizid

Die Schweiz ist eine Gipfelstürmerin in der Statistik über Suizidraten. Und das ist ja ein Zeichen unseres Wohlstandes, unseres Weltklasse-Gesundheitssystems und des wissenschaftlichen Fortschritts… Nicht!!!

Darüber reden ist so wichtig. So wichtig! Weil auch dieses gesellschaftliche Tabu höchstens die Falschen schützt. Es wird nicht weniger wahr, wenn wir etwas verschweigen oder verdrängen. Es ist sehr schmerzhaft darüber zu sprechen und das Zuhören kann fast genauso schmerzhaft sein.

Auch hier ist Scham ein grosses Thema.

Durch das Gefühl von Scham durchzugehen, ist eine wahnsinnig anstregende Arbeit. Für die man natürlich kein Geld bekommt, ist ja nur Therapie, Hobby quasi. Kannst ja froh sein…

Aber wenn wir es schaffen, Schmerzhaftes mit Achtsamkeit zu berühren, könnnen wir es verwandeln und heilen.

So habe ich es als Peer (bzw. Genesungsbegleiterin) erlebt. Wenn ich mir "die Blösse" gegeben habe, meine eigenen schambehaftetsten Lebensereignisse geteilt habe, war das für mich Extremstarbeit, manchmal eine Grenzerfahrung.

Aber ich habe gemerkt, dass sich auch meine Geschichte durch das Erzählen ändert bzw. meine Sicht auf meine Vergangenheit. Mit der Zeit wird das Darüber-Reden einfacher. Und wahrzunehmen, dass ich mit dem Reden über meine Krisenerfahrungen auch bei Zuhörenden Positives bewirke (bspw. Hoffnung), macht die Peer-Arbeit für mich unbezahlbar. Dieses Krisen-in-Hoffnung-Verwandeln ist eine Art Alchemie, eine Art Selbstheilung vom Gefühl der Scham zum Gefühl der Freiheit, endlich Ich sein zu können.

Fazit: Let's talk about Health, Baby.

Let's talk about you and me, let's talk about all the good things and the bad things…

Auch nur der Gedanke "Schäm' dich" ist sowas von von Gestern. Mutig ist das neue Cool. Die Macht der Verletzlichkeit ist unschlagbar. Wer nichts riskiert, bleibt lieber im sicheren Goldenen Käfig, hat er sich halt so ausgesucht. Dann ist's halt so.

Gemäss Mani Matter unterscheidet den Menschen vom Schimpansen, dass wir Hemmungen haben. Ganz ehrlich, ich glaub die Schimpansen habe ein viel freieres Leben als wir. Ich hätte auch mal Lust, auf einen Baum zu klettern… aber vermutlich kommt dann jemand und fragt, ob er/sie mir helfen kann…

Nochmal zum Geldthema:

Verdiene ich weniger, ist mein Lohn deshalb niedrig, weil ich nicht oder wenig wertvoll bin für die Gesellschaft? Habe ich zu wenig Erspartes, weil ich leichtsinnig investiert habe oder nicht mit Geld umgehen kann? Ist Armut ein Zeichen von Dummheit oder nur von schlechter Selbstdisziplin bzw. Faulheit?

Achja, zu reich sollte man dann aber auch nicht sein, da kann nämlich auch nicht alles stimmen. Milliardäre sind so schädlich für die Demokratie und die dafür notwendige korrekte Verbreitung von faktengecheckten Informationen wie Diktatoren oder nennen wir sie lieber Machthaber:innen. Das anständige Mittelmass muss irgendwo dazwischen liegen. Angemessene Geldbeträge sollte man verdienen, einnehmen, haben, ausgeben, spenden, investieren, anlegen, für's Alter sparen, als rechtschaffener Mensch, als anständiges Mitglied der Gesellschaft. Angemessen ist halt ein unbestimmter Begriff, das ist dann irgendwie Auslegungssache oderso. Anyway…

Danke für die Zeit, die du ins Lesen meiner Zeilen investiert hast.

Überzeugen zu wollen ist etwas für Anfänger, wahre (Erfahrungs-)Experten stiften VewIRRung.