Loslassen

09.07.2021

Mittlerweile weiss ich langsam, was mir wichtig ist und was mir gut tut. Das verstehen leider nicht alle. So wie ich auch nicht alle Menschen wirklich verstehe.

Manchmal können sich aus verschiedenen Ansichten ganz spannende Diskussionen ergeben. Aber in letzter Zeit vermisse ich die Meinungsvielfalt und auch die Toleranz. Ich glaube Toleranz bedeutet, dass man etwas akzeptiert, obwohl man es nicht versteht.

Akzeptanz ist auch ganz wichtig, etwas so annehmen, wie es ist. Man kann nicht die ganze Welt ändern. Ich kann nur mein eigenes Bewusstsein ändern und das Beste aus dem, was ist, machen. Und vieles ist so schön. An "kleinen Dingen" erfreue ich mich jeden Tag.

Manches in unserer Zeit ist aber auch sehr schwierig für mich. Deshalb verzichte ich weitgehend auf Nachrichten. Ich informiere mich gerne und bin sehr neugierig. Aber die neusten Statistiken oder wissenschaftlichen Erkenntnisse interessieren mich schon lange nicht mehr.

Als Studentin habe ich in einem Marktforschungsinstitut gearbeitet... Ja genau, ich habe Leute am Telefon genervt. Was soll ich sagen, ich war jung und brauchte das Geld. Ich weiss also ziemlich gut, wie solche Statistiken entstehen... Einmal hat z.B. ein "Arbeitskollege" zu der Person, die er am Telefon hatte, gesagt, sie müsse mitmachen, das sei eine Bürgerpflicht (es war tatsächlich eine Umfrage für den Staat) und während er das sagte, hat er alle Fragen durchgeklickt bzw. für diese Person (die nicht mitmachen wollte) beantwortet. Als Telefonist hatte man nämlich ein Problem, wenn man zu viele "Verweigerer" hatte und wurde dann auch noch von den Supervisoren zurecht gewiesen (nicht nur von den Leuten am Telefon angemault) und den "Bonus" konnte man sowieso vergessen. Ich bin froh, muss ich das nicht mehr machen... Und eine wichtige Lektion habe ich auch daraus gelernt (traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast).

Auch mit der Wissenschaft habe ich so meine Mühe. Ich bin ja früher gerne zur Schule. Hab den grössten Teil meines Lebens an Schulen und Universität verbracht und das so ziemlich freiwillig. Freude daran machten mir vor allem der Austausch mit Mitschülerinnen oder Kommilitoninnen. Daraus haben sich langjährige Freundschaften entwickelt. Aber der Schulstoff wurde irgendwie mit den Jahren immer langweiliger. Gerne habe ich z.B. Aufsätze geschrieben oder auch Geometrie und Physik fand ich spannend. Aber bei Geschichte bin ich immer fast eingeschlafen. Obwohl ich Geschichten mag. Märchen sind ja etwas vom besten, finde ich. Darin ist viel Wahres enthalten, mehr als in manchem Geschichtsbuch... "Märchen" heisst wahrscheinlich einfach sowas wie eine kleine Botschaft ("Ich bring euch gute, neue Mär..." dideldum). Eigentlich überliefertes Erfahrungswissen, bevor der Buchdruck erfunden wurde... Heute glauben wir ja lieber das, was schwarz auf weiss irgendwo geschrieben steht... Also ich nicht mehr. Wenn ich einen teureren Drucker hätte, könnte ich aus meinem Blog ziemlich schnell ne Zeitung oder ein Buch drucken... Die Bücher im Studium waren ausserdem mega teuer, im ersten Semester musste ich glaub ich für 700 Franken Bücher kaufen. Und das witzige am Jus-Studium ist ja, dass es immer wieder neue Gesetze gibt, also sind auch die teuren Bücher ganz schnell veraltet und man kann sich immer wieder neue Auflagen davon kaufen...

Bücher find ich trotzdem was schönes. Einmal durfte ich eine Klosterbibliothek besichtigen. Unglaubliche Schätze sind dort versteckt. Ich könnte sie leider nichtmal lesen (man durfte sie ja auch nicht anfassen), da ich schon die alte deutsche Schrift mit dem S das wie ein F aussieht, kaum lesen kann...

Obwohl wir diese super modernen Technologien haben, habe ich als Einzelne kaum die Möglichkeit, meine Herkunft oder Wurzeln kennenzulernen... Ich glaube nämlich nicht, dass unsere Vorfahren total ahnungslos waren. Oh lustig: ahnungslose Ahnen...

Also mich interessieren echte (Lebens-)Erfahrungen, die mir echte Menschen mitteilen oder die ich selber mache. Und die Natur interessiert mich, die Tiere und Pflanzen, das Wetter, der Mond und die Sterne. Davon lerne ich ganz viel. (Und die können nicht lügen.)

Zum Beispiel zeigt uns die Natur die Vergänglichkeit mit den Jahreszeiten. Ich glaub so war auch der Maja-Kalender... Es gibt keinen Anfang und kein Ende, es gibt nur verschiedene Zustände. Und das hilft mir für mehr Akzeptanz. Freundschaften, die sich wieder auflösen. Freundschaften, die neu aufleben. Menschen, die kommen und Menschen, die gehen.

Je mehr ich (mich selber) verstehe, umso mehr empfinde ich inneren Frieden. Und ich kann das loslassen, was nicht (mehr) zu mir passt. Weil ich das Glück nicht mehr im Aussen suchen muss, sondern mit mir selber glücklich bin.