9 Worte, die mich "triggern" und 1 Geräusch

01.07.2021

1) triggern 2) stabil 3) schizophren 4) recovery 5) Fakten 6) wahr 7) Logorrhoe 8) Salutogenese 9) abgrenzen 

10) Schlüsselklimpern

Mich beeindruckt es nicht, wenn englische oder lateinisch-altgriechische Fremdwörter benutzt werden. Im Gegenteil, ich finde, damit schafft man eine künstliche Distanz, die Fachpersonen von Patienten trennt. Meiner Meinung nach ist eine verständliche Sprache - angepasst auf das Gegenüber - die Basis um Verständnis und Vertrauen aufzubauen. Und Vertrauen finde ich zentral bei der Behandlung oder Therapie für die Gesundung von Menschen.

Auch die "Peers" (so lautet in der Schweiz die offizielle, nicht geschützte, Berufsbezeichnung... von Experten mit Psychiatrie-Erfahrung, was in Deutschland als "Genesungsbegleitung" bekannt ist) haben meiner Meinung nach schon so ein paar fachchinesische Ausdrücke angenommen. Und das, obwohl bei Peers, die ja ebenbürtig sein wollen, die Augenhöhe eines der wichtigsten Anliegen ist.

Versteht mich nicht falsch, ich mag die englische Sprache sehr gern, genau wie die italienische oder die deutsche. Sprache ist ein wunderbares Mittel, sich auszudrücken, verständlich zu machen, kreativ zu sein... Sprache ist Kunst und Kultur... Also wieso brauchen wir Fremdwörter, wenn wir das Gleiche in unserer Muttersprache sagen können, wenn das Gegenüber die selbe Muttersprache hat? Wollen wir uns damit als besonders professionell profilieren? Wollen wir uns gut fühlen auf Kosten derer, die uns nicht verstehen und sich nicht trauen nachzufragen?

Nicht jeder Mensch in der deutschsprachigen Schweiz kann Englisch, Latein und Altgriechisch. Und das ist auch nicht nötig. Wichtig ist, dass wir uns verstehen, wenn wir ja das gleiche Ziel haben, die psychische Gesundheit zu fördern. Da fängt es ja schon an. Psychisch - ist das nun seelisch oder seelisch-geistig? Oder mental? Seele und Geist ist ja nicht genau das Gleiche, finde ich.

Damit ich nicht nur kritisiere sondern konstruktive Kritik übe, habe ich ein paar Vorschläge, wie man diese 9 Worte anders formulieren könnte. Es kommt natürlich immer auf den Zusammenhang an...:

1) triggern: aufwühlen, verletzen, verunsichern, beklemmen, anstossen, auslösen

2) stabil: ausgeglichen, zufrieden

3) schizophren: (umgangssprachlich "widersprüchlich") (fachsprachlich "Menschen mit Diagnose Schizophrenie... wünschenswert fände ich eine Änderung des Namens in z.B. Diagnose "psychotische Störung" oder noch besser: alle Diagnosen abschaffen und durch "Burnout" ersetzen bzw. ausbrennen oder "Erschöpfung" wäre dann wohl die deutsche Übersetzung)

4) recovery: Genesung, Gesundung, Erholung, wiederherstellen, rehabilitieren, "kintsugi" (japanische Kunst, zerbrochene Keramik mit Gold zu reparieren, da die Zerbrechlichkeit ein Zeichen von Besonderheit und Schönheit und Stärke ist)

5) Fakten: ich bestreite ja nicht, dass es Fakten gibt... aber bitte hinterfragt euch auch mal, was ihr wirklich wissen könnt und was ihr vielleicht "nur" zu wissen glaubt... keine Wahrnehmung ist falsch, jeder Mensch hat seine eigene Wahrnehmung.

(Hummeln z.B. wissen auch nicht, dass sie faktisch nicht fliegen können und tun es einfach.)

(Alle sagten: "Das geht nicht." Da kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.)

6) wahr: z.B. "ich habe das auch so wahrgenommen" statt "es ist wahr."

7) Logorrhoe: starkes Mitteilungsbedürfnis

8) Salutogenese: gesundheitliche Widerstandsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit

9) abgrenzen: bei sich bleiben

10) Zum "Schlüsselklimpern": Dieses Geräusch ist für mich deshalb unangenehm, weil ich schon mehrmals eingeschlossen wurde, was für mich sehr schlimm war (ein Gefühl von Ohnmacht, Hilflosigkeit, ausgeliefert Sein, gefangen sein). Es ist grundsätzlich gut, wenn man sich "bemerkbar" macht, um Patienten nicht zu erschrecken. Z.B. kann man darauf achten, dass man sich von einer Seite einem Menschen nähert, dass dieser einen sehen kann oder man sagt einfach "Grüezi, guten Morgen, Entschuldigung, Hallo, darf ich mal, exgüsi, ..." räuspert sich, klopft an die Tür usw. usf.

Der Schlüssel ist für mich ein sehr mächtiges Symbol in der Psychiatrie und man sollte sich dieser Macht bewusst sein und sie nicht leichtfertig ausüben sondern bewusst und achtsam damit umgehen. Ich wünsche es niemandem, aber es gibt keine Sicherheit, dass ihr nicht auch mal auf der anderen Seite der Tür landet und dann keinen Schlüssel habt.